Der Fachblog für CE-Kennzeichnung

„Können wir nicht einfach überall ein CE-Zeichen draufmachen?“

Erstellt von Lucia Gefken am 19.06.18 09:43

Die Frage eines Geschäftsführers zeigt, wie unsicher die Unternehmen weiterhin bei der CE-Kennzeichnung sind. Ein großes Unternehmen stellt Produkte verschiedenster Kategorien her. Von der Schraube bis zum elektrischen Förderband – alles ist enthalten. Eine richtige Auszeichnung der zahlreichen Produkte ist der Firma wichtig, jedoch aufgrund der Angebotsfülle mit erheblichen Problemen verbunden. Um auf „Nummer Sicher“ zu gehen, kam die Idee mit der CE-Kennzeichnung aller Produkte. Zielführend? Leider nein.

CE-Kennzeichnung vereinfachen

Gut gemeint jedoch nicht hilfreich

Ein CE-Zeichen verlangt nach den richtigen Richtlinien. Eine CE-Kennzeichnung darf erst vorgenommen werden, sobald alle EU-Richtlinien, die auf ein Produkt anzuwenden sind, in vollem Umfang erfüllt wurden. Doch wenn ein Produkt nur der Richtlinie über allgemeine Produktsicherheit zugeordnet werden kann und keine weitere EU-Richtlinie für dieses Produkt infrage kommt, wird die Einhaltung schon etwas schwieriger. Auf welcher Richtliniengrundlage möchte der Hersteller seine Konformität erklären, wenn sein Produkt keiner der zahlreichen Richtlinien entspricht? Wird der Hersteller seine Schraube pauschal als Maschine deklarieren? Wohl kaum. Denn der Blick in die Richtlinie wird ihm schnell zeigen: Das geht nicht, da die Schraube nicht den Definitionen einer Maschine entspricht – auch dann nicht, wenn sie gemäß bestimmungsgemäßer Verwendung in bestimmte Maschinen verbaut werden darf. Zusätzlich würde der Hersteller sich unnötigen Aufwand machen, da er dem Produkt zum Beispiel gemäß Maschinenrichtlinie eine EG-Konformitätserklärung beilegen muss. Für Produkte, die ausschließlich unter allgemeine Produktsicherheit fallen, wird keine Konformitätserklärung benötigt.

Warum überhaupt ein CE-Zeichen?

Mit der Anbringung des CE-Kennzeiches erklärt der Hersteller, dass er sein Produkt gemäß den geltenden Richtlinien und Normen sicher und unter Einhaltung der relevanten Vorschriften hergestellt hat. Das CE-Zeichen darf vom Hersteller selber angebracht werden und wird nicht, wie zum Beispiel bei dem GS-Zeichen, durch eine Prüfstelle abgenommen. In den meisten Fällen garantiert der Hersteller alleine mit dem CE-Kennzeichen die Einhaltung. In manchen Fällen muss noch eine sog. benannte Stelle mit ins Boot. Ob das Produkt wirklich sicher ist, wird zunächst von keiner weiteren Behörde oder Prüfstelle überwacht. Falls jedoch bei der Einführung des Produktes auffällt, dass zum Beispiel kein Typenschild angebracht ist oder die benötigte CE-konforme Anleitung fehlt, werden die Behörden das Produkt genauer prüfen. Dabei kontrollieren sie sowohl die externen Dokumente wie Handbücher und Aufkleber auf dem Produkt als auch die interne Dokumentation inklusive aller Schaltpläne, Zeichnungen und Risikobeurteilung. Im Zweifel wird der Verkauf des Produkts gestoppt und der Hersteller hat ein Verfahren am Hals. Und falls ein Unfall im Zusammenhang mit dem Produkt eintritt, wird der Hersteller ggf. aufgrund vor Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz zur Rechenschaft gezogen. Der CE-Prozess soll einen einheitlichen (Sicherheits-)Standard für die Erstellung und das Inverkehrbringen innerhalb der europäischen Gemeinschaft schaffen. Und bei Einhaltung des Prozesses gelingt es auch. Die Regelungen schaffen eine gute Rückverfolgbarkeit und konkurrenzfähige Produkte auf dem Markt.

CE Kennzeichnung nach Maschinenrichtlinie

Alles reine Schikane?

Einige Unternehmen und besonders Personen in den höheren Etagen, sind schnell genervt, sobald „CE“ erwähnt wird. Doch warum? Oft ist der Faktor „Geld“ entscheidend für die Ausführung eines korrekten oder fehlerhaften CE-Prozesses. Doch leider wird hier an der falschen Stelle gespart.

Ein Urteil des OLG Celle zeigt, wie streng das Gericht im Zweifel entscheidet1: Ein Kopfhörer wurde vom Hersteller mit einem Plastikfähnchen versehen, auf dem die relevanten Informationen abgedruckt waren. Ein Mitbewerber hatte dagegen geklagt und Recht bekommen. Denn die Angaben auf dem Fähnchen sind nicht dauerhaft angebracht und können schnell verloren gehen. Im Elektro- und Elektronikgerätegesetz (in Deutschland umgesetzt durch die WEE-Richtlinien) wird jedoch die dauerhafte Anbringung verlangt.

Ein weiteres Urteil vom OLG Frankfurt am Main im Jahr 2017 besagt, dass ein Hersteller für Fußbodenheizmatten seine Produkte nicht ohne gesetzlich geforderte CE-Kennzeichnung auf den Markt bringen darf2. Durch die fehlende Kennzeichnung lag ein Wettbewerbsverstoß vor. Im besten Fall zahlt der Hersteller hier also die Prozesskosten, häufig müssen aber hohe Strafen gezahlt werden. Wer Geld und Zeit in den CE-Prozess steckt, wird mit marktsicheren Produkten belohnt, entgeht Anzeigen und den damit verbundenen Gerichtskosten und kann seine Produkte reibungslos in andere EU-Staaten verkaufen. Besonders Geschäftsführer sollten im eigenen Interesse auf die Einhaltung der Vorschriften achten. Als Geschäftsführer einer GmbH zum Beispiel können vorsätzliche oder fahrlässige Verletzungen von Gesetzen zu Schadenersatzpflicht auch mit dem Privatvermögen führen. Sogar Haftstrafen können die Folge sein.

Gewissenhaft und routiniert

Ob ein CE-Zeichen und die damit verbundenen Prozesse benötigt werden, ergibt sich aus den Richtlinien. Ein Unternehmen ist gut beraten, wenn es einen CE-Beauftragten ausbildet oder einstellt. Nur solche Personen, die sich tagtäglich mit den Normen, Richtlinien und Gesetztestexten auseinandersetzen, sind in der Lage, einen korrekten Prozess durchzuführen oder zu überwachen. Kleine Unternehmen können sich Hilfe in Form von Dienstleistern einkaufen. CE-Fachpersonal weiß, ob ein CE-Zeichen notwendig ist oder ob eine benannte Stelle eingeschaltet werden muss. Es kann prüfen, ob alle relevanten Dokumente vorhanden sind und ob das CE-Zeichen in der richtigen Größe und vorschriftsgemäß angebracht ist. Ein Mitarbeiter, der sich einerseits um die Buchhaltung kümmert und sich nebenbei um die ganze „CE-Sache“ kümmern soll, wird im Alltag keine seiner Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können. Ein CE-Beauftragter benötigt viel Zeit, um sich mit Normen und Richtlinien auseinanderzusetzen und die Anforderungen daraus umzusetzen. Die Umsetzung muss klar definiert sein: Die besten Informationen und Anweisungen bringen dem Unternehmen nichts, wenn sie nicht umgesetzt werden. Der CE-Beauftragte sollte die Risikobeurteilung nicht selber erstellen. Vielmehr sollte er einem Team zeigen, was zu tun ist – und das Team setzt diese Vorgaben konkret um. Ein CE-Beauftragter, der im Unternehmen nicht ernst genommen wird, kann seine Arbeit nicht erfüllen. Er braucht absolute Rückendeckung der Geschäftsführung, besonders, wenn es zu Konflikten kommt.

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Quellen:

1https://zellerseyfert.com/de/litigationblog-detail/items/olg-celle-unlauterer-wettbewerb-klebefaehnchen-am-kopfhoerer-stellen-keine-ausreichende-kennzeichnung-nach-7-elektrog-dar.html
2 https://www.webshoprecht.de/IRUrteile/Rspr2727.php

Themen: CE-Kennzeichnung

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