Der Fachblog für CE-Kennzeichnung

Functional Safety versus Lockout Tagout

Erstellt von Jörg Handwerk am 04.10.22 10:00

Das Verfahren, gefährliche Energien bei wiederkehrenden Tätigkeiten an Maschinen im Griff zu haben - Lockout Tagout (LOTO) - ist mittlerweile weit verbreitet. Jedoch ist die Art und Weise, wie Energien geblockt werden, nicht immer einfach zu beurteilen. Können Sicherheitsfunktionen verwendet werden und wenn ja, für welche Tätigkeiten?

Das Lockout-Tagout-Verfahren (LOTO) ist den USA gang und gäbe und kommt bei wiederkehrenden Arbeiten an Maschinen und Anlagen zum Einsatz, wie etwa bei Wartung, Reinigung oder Reparaturen. Es stellt sicher, dass sich keine Restenergien in Maschinen und Anlagen befinden und sie tatsächlich ausgeschaltet sind. Geregelt werden Kriterien und Mindestvoraussetzungen für Lockout Tagout mit dem Code of Federal Regulations CFR 1910.147- The control of hazardous energy der Occupational Safety and Health Administration (OSHA).

Das LOTO-Vorgehen umfasst drei Schritte:

·      Die Energie wird an dem dafür vorgesehenen Schalter, Ventil oder Ähnlichem abgeschaltet.

·      Als nächstes wird ein Vorhängeschloss wenn nötig mit einem Hilfsmittel angebracht, um ein Wiedereinschalten zu verhindern.

·      Zuletzt wird überprüft, ob Bewegungen noch möglich sind, weil sich doch noch Energien im System befinden.

Das absolut Wichtigste ist, dass alle Energien, die Bewegungen von Maschinen oder deren Teilen hervorrufen, abgeschaltet werden.

 

Funktionale Sicherheit und Performance Level

Türkontakte mit Zuhaltefunktion, Sicherheitslichtgitter und Zweihandbedienungen sind nur drei Beispiele für die sogenannte Funktionale Sicherheit. Dahinter stehen Informationen wie Aussagen zur Güte einer Schutzfunktion, die als Performance Level (PL) bezeichnet wird. Abhängig ist dieses Performance Level neben dem Design der Schutzfunktion ebenso von der Qualität der verwendeten Bauteile und der Möglichkeit des Systems, auftretende Fehler eigenständig zu erkennen.

Diese Funktionale Sicherheit leitet nach Auslösung der Schutzfunktion wie etwa dem Unterbrechen des Schutzfeldes eines Sicherheitslichtgitters eine bestimmte Reaktion der Maschine ein, an der sie installiert wurde. Welche Schutzfunktion vorgesehen ist, wird in der Risikobeurteilung bestimmt. Es gibt diverse dieser Funktionen, die meist verwendete ist die des sogenannten sicheren Halts: Der sichere Halt ist eines von vielen möglichen Ergebnissen, die nach dem Auslösen einer Schutzfunktion eingeleitet werden. Ein anderes wäre zum Beispiel die sicher reduzierte Geschwindigkeit.


Umsetzung von Lockout Tagout durch Functional Safety?

Da man nicht bei allen Tätigkeiten an der Maschine grundsätzlich jegliche Energie ausschalten und sichern muss, ist zu untersuchen, ob gegebenenfalls für bestimmte Aufgaben auch die Funktionale Sicherheit ausreichend sein kann: Der Produktionsausfall, insbesondere bei ungeplanten Instandsetzungstätigkeiten, kann hiermit reduziert werden. Sollen zum Beispiel eine Maschine oder ein Bereich gereinigt werden, so muss grundsätzlich vermieden werden, dass die Maschine sich bewegen kann, wenn jemand den entsprechenden Bereich betritt, sie muss aber nicht vollständig von der Energiezufuhr getrennt werden. Eine elektrische Heizung muss gegebenenfalls also nicht abgeschaltet werden, weil die Temperatur sowieso nicht sofort sinkt. Außerdem könnte es durch Abschalten der Heizung zu einem unerwünschten und längeren Stillstand kommen. Für diese Fälle der Reinigung kann Funktionale Sicherheit also ausreichend sein, da damit Maschinenbewegungen sicherheitsgerichtet stillgesetzt werden.

Müssen Mitarbeitende allerdings Maschinenteile mittels Werkzeug bearbeiten, Motoren abklemmen, hydraulische oder pneumatische Systeme öffnen, so ist die Verwendung von Abschaltpunkten wie etwa Schutztürschaltern nicht ausreichend. In diesen Fällen muss die Energie getrennt und gegen Wiedereinschalten gesichert werden. Denn werden die Maschinen nur sicherheitsgerichtet stillgesetzt, ist nur die Bewegungsfreiheit hergestellt. Es kann dennoch sein, dass die Mitarbeitenden beim Öffnen von hydraulischen oder pneumatischen Systemen mit Restdrücken konfrontiert werden – was sehr gefährlich sein kann.

 

Vorsicht ist beim Nothalt-Taster angebracht

Vorsicht ist beim Nothalt-Taster angebracht: Er darf auf keinen Fall zum Einsatz kommen. Denn per Definition ist der Nothalt-Taster nur ein zusätzliches und nicht für normale Schalthandlungen vorgesehenes Bauteil, welches ebenfalls nur Bewegungen stillsetzt, aber keineswegs Energien trennt. Viele haben hier noch den Begriff des Not-Aus im Kopf, das es in der Form nicht mehr gibt. Während der Nothalt-Taster nur Bewegungen stillsetzt, schaltet das Not-Aus die Maschine energiefrei. Das Problem: Man sieht dem Schalter seine Funktion nicht an, denn beide sind rote Schalter auf gelbem Grund.

 

Fazit

Können Bauteile der Funktionalen Sicherheit bei Lockout Tagout zum Einsatz kommen? Das hängt von der konkreten Aufgabe ab: Bei Reinigungsarbeiten kann es zum Beispiel ausreichen, die Anlage sicherheitsgerichtet stillzusetzen, ohne alle Energien abzuschalten und zu sichern. Vorsicht ist aber beim Nothalt-Taster geboten, denn seine Funktion ist nicht immer klar.

 

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Themen: Arbeitssicherheit, Risikobeurteilung, LoTo - Lockout Tagout, Funktionale Sicherheit

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