Der Fachblog für CE-Kennzeichnung

Die Besonderheiten von Maschinensicherheit in den USA (3) - Risikobeurteilung und Betriebsanleitung

Erstellt von Peter Roßmann am 17.02.25 10:51

Im europäischen Wirtschaftsraum regelt die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG die Anforderungen an die Sicherheit einer Maschine, die von harmonisierten Normen weiter definiert werden. Zwar ist deren Einhaltung bei der Konstruktion nicht verpflichtend; aber wer nach harmonisierten Normen baut, kann sich auf die Konformitätsvermutung stützen und muss nicht aufwändig nachweisen, warum seine Maschine die Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllt. Mit dem CE-Kennzeichnen erklärt der Hersteller abschließend selbst die Konformität seines Produkts. 

In den USA ist die Maschinensicherheit anders geregelt: Hier gibt es keine Konformitätserklärung durch den Hersteller, stattdessen ein komplexes Geflecht von Brandschutzvorschriften, elektrischen Codes, Produktstandards und nationalen Gesetzen, die sich von Staat zu Staat unterscheiden können. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass Warnschilder anders gegliedert sein müssen, Drähte und Tasten neue Farben haben und Bedienfelder anders angeordnet und beschriftet sind. In manchen Fällen ist auch die Einhaltung von Normen nicht freiwillig, sondern verpflichtend. Unabhängige Prüflabore (nationally recognized testing laboratory – NRTL) zertifizieren die Maschine – manchmal ist das notwendig, manchmal nicht. Sie wird stets von einer lokalen Behörde (Authorities Having Jurisdiction - AHJ) vor Ort abgenommen.

Risikobeurteilung für Europa und die USA

Maschinen, die für die USA bestimmt sind, benötigen ebenfalls eine Risikobeurteilung. Grundlage für die Risikobeurteilung für den europäischen Wirtschaftsraum ist die oben genannte Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sowie die DIN EN ISO 12100 Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung. Sie gibt vor, auf welche Gefahren in der Betriebsanleitung hingewiesen werden muss. Die Normen DIN EN 82079-1 Betriebsanleitungen und DIN EN ISO 20607:2019-10 Sicherheit von Maschinen – Betriebsanleitung – Allgemeine Gestaltungsgrundsätze regeln dann das Vorgehen bei Betriebsanleitungen. 

Für beide gibt es in den USA Äquivalente: Die ANSI ISO 12100 entspricht der EN ISO 12100, EU-Normen wie die ISO 13857 oder ISO 13849, die sich auf die ISO 1200 beziehen, werden ebenfalls in den USA angewendet. Die DIN EN 82079-1 ist auch in den USA gültig, dort heißt sie 82079-1-2019 – IEEE/IEC International Standard for Preparation of information for use (instructions for use) of products – Part 1: Principles and general requirements. Eine weitere relevante Norm ist die ANSI B11.0:2020 Safety of Machinery: Sie nennt die Anforderungen an die Konstruktion und Verwendung von Maschinen und beschreibt, wie Schutzmaßnahmen aussehen müssen, um Risiken zu mindern. Zur Reihe ANSI B11 gehören weitere Fach- und Produktnormen, die europäischen B- und C-Normen entsprechen.

Betriebsanleitung für die USA: ausführlicher und zielgruppenorientiert

Die Betriebsanleitung, Benutzerinformation genannt, ist im Vergleich zu europäischen Anforderungen ausführlicher und wendet sich an eine bestimmte Zielgruppe. Das Ziel ist es, die Bediener ausreichend über die Maschine und ihre Risiken zu informieren – Hersteller und Betreiber sind dafür verantwortlich, letztere zu mindern. In der Betriebsanleitung wird auch geklärt, was das Arbeitsumfeld der Maschine ist und welche Gefahren dort vorhanden sein können.

CE-Kennzeichen als Ausgangspunkt für US-Konformität

Unternehmen in Europa, die ihren Sorgfaltspflichten nachkommen, die Maschinenrichtlinie und harmonisierte Normen bei der Konstruktion beachtet haben, sind auf einem guten Weg zur Maschinen-Konformität in den USA: Grob gesagt kann damit die Basis gelegt sein, dass ihre Maschinen und Produkte 85 bis 90 Prozent der Anforderungen hinsichtlich elektrischer Sicherheit in den USA erfüllen. Wichtig ist dabei eine umfangreiche Dokumentation: Zeichnungen von Produkten und Maschinen sowie die Konformitätserklärung, die die angewandten Normen und ihre Umsetzung dokumentiert, müssen vorliegen, ebenso eine erfolgte Risikoanalyse, die funktionale Sicherheit von Steuerungen und nicht zuletzt eine ins Englische übersetzte Betriebsanleitung. Etwas aufwändiger ist der Prozess, wenn Maschinen aus Europa zwar eine CE-Kennzeichnung besitzen, die technischen Unterlagen aber nur ein Blatt zur Erklärung der Konformität enthalten und andere Nachweise fehlen. Die Selbstdeklaration durch das CE-Kennzeichen, dass die Maschine sicher ist, reicht dann nicht aus. Vielmehr wird es notwendig, die Ausstattung der Maschine zu überprüfen und die Normen und Standards abzugleichen, um sicherzustellen, dass jene in den USA eingehalten werden. Die technische Dokumentation wird gesichtet oder rückwirkend erstellt und, wenn notwendig, eine Risikobeurteilung durchgeführt. 

CE-CON unterstützt

Als Experte für internationale Konformität unterstützen wir gern bei Fragen rund um Konstruktion und Bau von Maschinen für den US-amerikanischen Markt. Wir klären zum Beispiel die Voraussetzungen und vermitteln Partner für die Zertifizierung durch eine unabhängige Stelle.

 

 

 

Themen: Risikobeurteilung, CE-Kennzeichnung / Konformitätserklärung, Richtlinien und Normen

Jetzt den Blog-Newsletter abonnieren!