Um Mitarbeiter zu schützen und ein sicheres Arbeitsumfeld auch in riskanten Lebensphasen wie Wartung und Reparatur zu gewährleisten, arbeiten bereits viele Firmen nach dem LOTO-Prinzip (Lock Out Tag Out). Unser Mitarbeiter Tim Kuhlmann hat im Zuge seiner Bachelorarbeit einen Ansatz für eine App zur Umsetzung von LOTO entwickelt, die mittels Augmented Reality durch das Verfahren leitet. Wie die Zukunft der sicheren Wartung aussehen kann, wollen wir Ihnen hier vorstellen.
Die Idee
Tim Kuhlmann, Informatikstudent der Universität Bremen und seit 2016 Werkstudent bei CE-CON, suchte ein Thema mit praktischem Ansatz für seine Bachelorarbeit. Gemeinsam mit Jörg Handwerk, Geschäftsführer von CE-CON, entwickelte er seine Idee: Eine App, die das Wartungspersonal sicher durch das LOTO-Verfahren führen sollte. Von Mai bis November 2017 hat sich Tim in die Thematik von LOTO eingearbeitet, Ansätze für eine App programmiert und Prototypen gebaut. Wir finden: Das Ergebnis hat Potential.
Hintergrundwissen
LOTO (Lock out Tag out) regelt das sichere Abschalten von Energien und die Kennzeichnung von Abschaltpunkten, sodass Maschinen und Anlagen gegen Wiedereinschalten gesichert sind. Das LOTO-Verfahren stammt aus den USA. Es wird zunehmend auch in Deutschland eingesetzt. Obwohl es gemäß europäischer Gesetzgebung keine Pflicht zur Anwendung dieses Verfahrens gibt, existieren in Deutschland gesetzliche Anforderungen, die durch LOTO am ehesten erfüllt werden können.Die Umsetzung
Bei der Entwicklung der App verfolgte Tim zwei unterschiedliche Ansätze:
1. Ansatz: Prozeduren werden Schritt für Schritt mittels Bildern beschrieben und per Klick bestätigt (Stichwort „Mobile Dokumentation“)
2. Ansatz: Prozeduren werden quasi live an der Komponente per Augmented Reality (kurz „AR“) gezeigt und beschrieben.
Um die beiden Ansätze zu prüfen, hat Tim ein kleines Werkstück mit unterschiedlichen Ventilen und Hauptschalter gebaut. Jede Komponente hat einen eigenen 2D-Barcode erhalten, den der Instandhalter per Tablet oder Smartphone einscannen kann. Hinter diesem Code verbirgt sich eindeutige Bezeichnung des Abschaltpunktes.
Im 1. Ansatz erhält der Instandhalter zunächst Informationen zu den benötigten Hilfsmitteln wie Vorhängeschlösser oder Informationsschilder, die für die entsprechende Prozedur notwendig sind.
Diese Hilfsmittel muss der Benutzer per Häkchen bestätigen und gelangt zum nächsten Schritt.
Die App leitet das Personal mit kurzen Anweisungen wie „Anlage abschalten und Schalter sichern“ durch die einzelnen Handlungen.
Der Instandhalter muss jeden durchgeführten Schritt bestätigen und gelangt erst danach zum nächsten.
Weitere Zusatzinformationen wie ein Lageplan aller Komponenten oder Hinweise zur Örtlichkeit des Abschaltpunktes unterstützen während der kompletten LOTO-Prozedur.
Der 2. Ansatz der Bachelorarbeit ist prinzipiell wie die App in Ansatz 1 aufgebaut, leitet das Personal aber mittels AR durch den eigentlichen Prozess. Dabei wählt er die gewünschte Prozedur wieder mittels scanbarem Code aus und hält die Kamera auf die jeweilige Komponente, zum Beispiel ein Ventil.
Jetzt wird ihm das benötigte Hilfsmittel und ein anleitender Text eingeblendet. Der Benutzer sieht, wie er das Hilfsmittel auf der Komponente anbringen muss und welche Schritte er anschließend durchführen soll.
Wer macht das Rennen?
Neben den zwei modernen Ansätzen hatte Tim auch den Klassiker aus Papier vorbereitet, um mit zwölf Testpersonen aus unterschiedlichen Fachbereichen und Altersgruppen zu prüfen, wie die Ideen ankommen. Die Überraschung: Ansatz 1, die mobile Dokumentation, konnte dem Papier nicht das Wasser reichen. Die Testpersonen hatten bei der mobilen Dokumentation Probleme, den Überblick zu behalten, während das bei der Papierform deutlich leichter fiel. Mit der Papieranleitung waren die Tester einfach schneller.
Der Testsieger der Studie war aber ganz klar die AR-Methode, diese konnte sich deutlich gegen die Papieranleitung durchsetzen. 58,3 % der Teilnehmer bevorzugten Augmented Reality, denn die Erfolgsquote war hier am größten und die Frustration entsprechend gering. Auch wurden mit dieser Technik die wenigsten Fehler gemacht.
Fazit
Macht der Einsatz einer App für LOTO Sinn? „Für Anfänger, besonders kritische Situationen und Aufgaben, die sehr selten durchgeführt werden, ist der Einsatz von AR durchaus sinnvoll“, meint Tim. „Für Routinearbeiten lohnt sich der Aufwand jedoch kaum, da die Entwicklung sehr teuer ist.“ Auch für andere, sehr außergewöhnliche Situationen, wie eine brennende Anlage kann sich der angehende Informatiker den Einsatz von AR vorstellen. „Die Feuerwehr könnte per Tablet oder AR-Brillen sehen, wie sie die Anlage gefahrfrei sichern können.“ Für Tim selber war die Bachelorarbeit eine tolle Erfahrung. Er habe viele neue Aspekte kennengelernt: Von dem ihm bis dato unbekannten LOTO-Verfahren, über den Bau des Werkstücks in der Werkstatt bis zur Programmierung der App und 3D-Modellierung. Wir hoffen, dass Tim den Ansatz seiner App auch in Zukunft weiter gestalten kann und uns und unseren Kunden zu einer sicheren Instandhaltung verhilft.
Sie möchten mehr über das LOTO-Verfahren und die Anwendungsgebiete lernen? Dann informieren Sie sich auf unserer Website!