Nicht alle Mitarbeiter können sich in diesen Tagen auf ein geruhsames Weihnachtsfest und ein paar freie Tage freuen. Wenn die Produktion ruht, krempelt die Instandhaltung die Ärmel hoch. Maschinen werden umgebaut, dabei ist „Zeitdruck“ ein latenter Begleiter. Das kann schnell zu Unachtsamkeit oder gar Leichtsinn führen. An Arbeits- und Gesundheitsschutz denkt dabei kaum jemand.
Umbau der Maschinen
Ein Anstieg ungeplanter Stillstände, Stückzahlerhöhung oder gar schlicht eine notwendige Restauration in die Jahre gekommener Maschinen sind nur einige Gründe, warum Unternehmen investieren müssen. Ehemals autark arbeitende Maschinen werden durch Handlingsysteme oder Roboter verbunden, Materialzuführungen vorgeschaltet oder veraltete Techniken gegen neue getauscht, um bei Industrie 4.0 und Konkurrenz mitzuhalten. Wo früher hydraulische Scheren das Material geschnitten haben, werden heute moderne Laser oder Sägen eingesetzt. Schaltschränke werden erneuert, Speicherprogrammierbare Steuerungen durch jüngere Generationen ersetzt, Sicherheitstechnik modernisiert – viel Arbeit am Jahresende. Doch wer denkt zwischen Weihnachtswahn und Fertigungsmodernisierung an die daraus resultierenden Anforderungen?
Die „Wesentliche Veränderung“
Alle diese beschriebenen Umbaumaßnahmen haben eines gemeinsam: Die Frage nach der Wesentlichen Veränderung! Sobald Maschinen wesentlich verändert werden, müssen sie rein rechtlich wie eine neue Maschine betrachtet werden. In dem Fall ist eine erneute CE-Kennzeichnung des Produktes erforderlich. Was genau eine Wesentliche Veränderung ist und wie Sie in Ihrem Unternehmen entscheiden, ob eine solche bei Ihrer Maschine vorliegt, können Sie anhand des bereits im vergangenen Jahr vom Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichten Interpretationspapier bestimmen. Eines aber ist in jedem Fall klar: Um eine Beurteilung der Sicherheit kommt keiner herum, denn Arbeits- und Gesundheitsschutz ist auch in Zeiten von Industrie 4.0 erforderlich.
Quelle: in Anlehnung an Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Interpretationspapier zum Thema "Wesentliche Veränderung von Maschinen"
Risikobeurteilung – Gefährdungsbeurteilung
Zunächst sollten Sie den Weg und das Ergebnis der Fragestellung, ob es sich bei dem Umbau um eine Wesentliche Veränderung handelt oder nicht, schriftlich dokumentieren. Sobald eine Wesentliche Veränderung vorliegt, sind Sie automatisch der Hersteller dieser veränderten Maschine – mit allen rechtlichen Konsequenzen inklusive CE-Kennzeichnung. Schließlich handelt es sich bei der CE-Kennzeichnung um eine gesetzliche Anforderung, die nicht vernachlässigt werden sollte. Bei Nichtbeachtung drohen hohe Geldstrafen. Viel wichtiger ist aber, dass Sie bei Missachtung Ihre Mitarbeiter gefährden.
Als Hersteller müssen Sie also eine Risikobeurteilung für die Maschine durchführen. Zeitgleich müssen Sie in der Rolle des Arbeitgebers die Gefährdungen für Ihre Angestellten erneut beurteilen. So beschreibt auch die deutsche Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) in §4 (1), dass Arbeitsmittel erst verwendet werden dürfen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vom Arbeitgeber durchgeführt wurde. Dies gilt auch bei Wesentlichen Veränderungen einer Maschine. Die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen müssen nach dem Stand der Technik umgesetzt und eine sichere Verwendung gewährleistet werden.
Keine Zeit, kein Geld, keine Priorität?
Projektzeiten sind irgendwie immer zu kurz und so bleiben manche Dinge auf der Strecke. Eine rechtzeitige Beurteilung von Risiken, sauber geplante Sicherheitskonzepte und eine frühzeitig erdachte Abschaltmatrix stehen nach Weihnachten noch unerfüllt auf dem Wunschzettel. Dennoch helfen gerade diese Punkte am Ende häufig, Geld zu sparen und vor allen Dingen Personenschäden zu vermeiden. Während der Begriff der Gefährdungsbeurteilung vom Arbeitsschutz geprägt ist, befindet sich der Ursprung der Risikobeurteilung in der Maschinenrichtlinie. Hierbei ist es wichtig, auf alle sogenannten Lebensphasen der Maschine einzugehen. Dass der Normalbetrieb sicher von statten gehen muss, ist jedem klar.
Was aber ist mit der Wartung, Instandhaltung und Reinigung? Tatsächlich passieren in diesen Lebensphasen die meisten Unfälle, wie wir in dem vergangenen Blog "Der erste Arbeitstag sollte nicht der letzte Tag auf Erden sein..." bereits beschrieben haben, unter anderem, weil z.B. Energien nicht korrekt abgeschaltet wurden oder ein unerwarteter Anlauf von Bewegungen stattfindet. Um am Ende keinen verletzten Mitarbeiter unter dem Tannenbaum zu haben, denken Sie bereits vor dem Umbau der Maschine sowohl an die Gefährdungsbeurteilung als auch an die Herstellerpflichten gemäß EG-Maschinenrichtlinie. Denn ein verletzter oder toter Angestellter kann unter Umständen teurer werden, als eine frühzeitig durchgeführte Beurteilung der Gefahren. Vom Schmerz und Verlust der Hinterbliebene mal ganz abgesehen.
Sie interessieren Sich für das Thema Maschinensicherheit? Dann lesen Sie auch unser Whitepaper zum Thema Risikobeurteilung!