In der letzten Zeit werde ich oft gebeten, das Vergütungssystem von CE-CON vorzustellen.
Inspiriert von der New Pay Bewegung haben wir ein Bezahlmodell entwickelt, das
insbesondere Transparenz und Fairness als zentrale Kriterien beinhalten sollte. Als
Unternehmerin und damit einhergehend auch leidenschaftliche Organisationsentwicklerin
liegt mir aber auch das Entwicklungspotenzial meiner Kolleginnen und Kollegen sehr am
Herzen und somit sollte es eben kein statisches Modell sein, sondern Spielraum für
persönliche Entwicklung und Gestaltung bieten.
CE-CON: Bezahlmodell mit Entwicklungskomponente
Und genau hier steigen viele in meinen Vorträgen gedanklich aus und ich frage mich jedes
Mal, was es sein mag, was für Verwirrung sorgt? Ein statisches Modell ist schnell erklärt, da
kann man auf Tabellen, Graphiken oder Charts zurückgreifen, um es zu anschaulich zu
machen. Die Entwicklungskomponente hingegen birgt eine oft schwer greifbare Dynamik in
sich, die nicht so richtig in dieses Thema passen mag.
Vielleicht liegt es aber auch daran, dass niemand gern über Geld sprechen mag? Denn genau das passiert, wenn man sich von der rein statischen Betrachtung verabschiedet und den ganzen Menschen mit einbezieht.
Festzulegen, welche Gruppe, Stufe, Stelle oder Aufgabe welches Gehalt bekommt, ist das
eine – das ist ohnehin schon sehr komplex und macht einen Haufen Arbeit – aber man kann
es auch recht abstrakt halten, irgendwie statisch halt. Sich gemeinsam jedoch Themen
zuzuwenden, wie „Was ist uns unsere Arbeit wert?“ oder „Was bedeutet Leistung für mich?“
wird dann schon etwas haariger.
Plötzlich müssen sich alle Beteiligten mit Gedanken auseinandersetzen, die sie sich in tradierten Organisationsmodellen vielleicht gar nicht machen – oder zumindest nicht aussprechen mussten. Über Geld zu reden ist entweder auf eine Art schamhaft und tabuisiert oder es wird laut und offen eingefordert. Aber ein differenzierter, sachlicher und ruhiger Austausch finden selten statt. Auch ich habe ihn erst lernen müssen.
Flexible Vergütung statt standardisiertes Gehaltsmodell
Als Führungskraft bleibt es mir allerdings auch nicht erspart, mich mit der Komplexität, die
Vergütung mit sich bringen kann, auseinanderzusetzen und ich kann die Verlockung, die ein
intransparentes oder auch standardisiertes Gehaltsmodell mit sich bringt, sehr gut verstehen.
Aber offenbar schützen sie uns nicht vor (oft auch öffentlichen) Debatten über ungleiche
Bezahlung oder verhärteten Tarifkonflikten, in denen es nur noch Kampf gibt.
Also gehe ich es doch direkt an und führe die Diskussion an der Quelle. Dabei muss vieles berücksichtigt werden. Die besondere Herausforderung ist es, den Menschen dort abzuholen, wo er ist. Ich widme mich Fragestellungen wie: „Hast du genug betriebswirtschaftliche Einblicke, um ein Gefühl für die Höhe deines Gehaltes zu bekommen?“, „Was brauchst du, um offen über deinen Gehaltswunsch zu sprechen?“, „Wie gehst du damit um, wenn du dich ungerecht bezahlt fühlst?“ oder auch ganz schlicht „Wie sehr möchtest du dich in dieser Diskussion überhaupt einbringen?“.
Jede Person setzt andere Prioritäten im Leben, mal ist es Geld, mal Zeit, mal Sinnhaftigkeit -
fast immer ist es ein Mix mit unterschiedlicher Gewichtung. Daher braucht es ein System,
das nicht nur transparent und fair ist, sondern das auch atmen und sich entwickeln kann.
Und das jedem den Raum gibt, sich so weit einzubringen, wie man es sich selbst zutraut.
Dabei muss es schlüssig und überschaubar sein und auch bleiben, nicht zu unterschätzende
Kriterien – denn schnell werden solche Systeme auch mal totdiskutiert.
Die Vergütungsfrage gehört zum Miteinander
Nun fragen Sie sich vielleicht, warum wir uns bei CE-CON die Mühe überhaupt machen?
Denn es ist richtig, dass es viel Arbeit macht, Zeit kostet und auch Geld. Ich behaupte nicht,
dass wir das richtige Modell gefunden haben, aber ich bin mir sicher, dass die alten Modelle
in Zukunft nicht mehr funktionieren werden.
Wir haben uns in weiten Teilen zu einer Arbeitsgesellschaft entwickelt, die vermehrt auf die Bereitstellung von Wissen, denn auf Produkte basiert. In vielen Bereichen wurde die Produktion fast vollständig automatisiert – was früher Hunderte hergestellt haben, machen nun wenige. Und diese sind meist hoch qualifiziert und fordern zu Recht Veränderung in Fragen der Teilhabe und der Mitgestaltung. Führung bedeutet zunehmend einen guten Umgang mit der Organisation von Expertisen, so dass etwas daraus entstehen kann, was die Welt braucht.
Die CE-CON ist hier gewissermaßen ein schönes Beispiel, denn erst aus dem Zusammenwirken unserer Beraterinnen und Berater und unseren Softwareentwicklerinnen und -entwicklern als Team ist etwas entstanden, was unseren Kunden Mehrwert bietet. So etwas könnte kein Chef der Welt von A bis Z durchplanen – es geht nur in einem fluiden Miteinander, indem
Spezialwissen und Kreativität in einen Prozess einfließen, der etwas Neues entstehen lässt.
Und dieses Miteinander hört nicht bei der Vergütungsfrage auf oder sollte es zumindest
nicht. Denn erst, wenn wir uns nicht nur mit der Entstehung von Mehrwert, sondern auch
mit seiner Verwendung verantwortungsbewusst auseinandersetzen, wird es rund. Und das
ist nicht nur in Unternehmen so, sondern gilt für alles, was wir tun.