Der Fachblog für CE-Kennzeichnung

Stephan Grauer

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Zusammenspiel von Maschinenrichtlinie und Druckgeräterichtlinie

Erstellt von Stephan Grauer am 02.06.25 10:10

Produkte, die in den Anwendungsbereich mehrerer EU-
Harmonisierungsrechtsvorschriften (CE-Vorschriften) fallen, sind auch für erfahrene
CE-Verantwortliche immer wieder eine Herausforderung. Im folgenden Beitrag
zeigen wir Ihnen, was bei typischen Fällen beim Zusammentreffen von
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL) bzw. der zukünftigen Maschinenverordnung
(EU) 2023/1230 (MVO) und Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU (DGRL) zu beachten
ist und welche Softwaretools Hersteller bei der Umsetzung der Vorschriften
unterstützen.

Zusammenspiel von CE-Vorschriften

Im System der CE-Vorschriften ist es vorgesehen, dass sich die Vorschriften
überschneiden und einander ergänzen. Denn sie decken ja eine breite Palette von
unterschiedlichen Produkten, Gefahren und Auswirkungen ab. Deshalb müssen für
ein einziges Produkt möglicherweise mehrere CE-Vorschriften berücksichtigt werden.
Und das Produkt darf nur dann bereitgestellt und in Betrieb genommen werden,
wenn es alle anzuwendenden Bestimmungen erfüllt und die Konformitätsbewertung
gemäß den anzuwendenden CE-Vorschriften durchgeführt wurde.

Die Gefahren, die durch die Anforderungen der verschiedenen CE-Vorschriften
ausgeschaltet werden sollen, betreffen verschiedene Aspekte, die einander in vielen
Fällen ergänzen (z. B. geht es in der Richtlinie über die elektromagnetische
Verträglichkeit um andere Gefahren als in der Niederspannungsrichtlinie), so dass
die gleichzeitige Anwendung mehrerer CE-Vorschriften erforderlich ist. Hersteller
müssen dann alle anzuwendenden CE-Vorschriften berücksichtigen - wenn keine
Ausnahmeregeln vorliegen. Siehe dazu auch Blue Guide Kapitel 2.7. Gleichzeitige
Anwendung von Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union.

Wie ist das nun beim Zusammenspiel von Maschinenrichtlinie und
Druckgeräterichtlinie? Wenn ein Produkt also sowohl bewegliche Teile hat, die nicht
ausschließlich von der menschlichen Kraft angetrieben werden, und gleichzeitig mit
einem maximal zulässigen Druck von über 0,5 bar arbeitet.

Dann sind nach dem grundsätzlichen Anwendungsbereich sowohl die
Maschinenrichtlinie als auch die Druckgeräterichtlinie anwendbar. Beide CE-
Vorschriften regeln auch verschiedene Aspekte und Gefahren, so dass die

gleichzeitige Anwendung beider Vorschriften erstmal nahe liegt. Allerdings stellt sich
noch die Frage nach den Ausnahmen: Und davon gibt es tatsächlich auch welche zu
beachten.

Typische Fallbeispiele

Das lässt sich an drei Beispielen gut darstellen:
Im ersten Fall baut der Hersteller eine typische Maschine und fügt dieser eine
Komponente – zum Beispiel einen Verdichter – hinzu, die bereits eine CE-
Kennzeichnung nach der Druckgeräterichtlinie hat und auch für den Einbau in eine
Maschine vorgesehen ist.
Im zweiten Fall baut der Hersteller eine Maschine mit einer Druckkomponente (z.B.
einer einfachen Pumpe), die nicht höher als Kategorie I der Druckgeräterichtlinie
eingestuft ist.

Und auch im letzten Fall baut der Hersteller eine Druckkomponente (z.B. einen
komplexeren Verdichter) in seine Maschine ein. Dieser Verdichter fällt unter die
Kategorie III der Druckgeräterichtlinie.
Im ersten Fall ist es so, dass der Hersteller der Maschine sich grundsätzlich auf die
Konformität seines zugekauften Verdichters verlassen darf. Er muss also kein
erneutes Konformitätsbewertungsverfahren für dieses Druckgerät durchführen. Er
muss aber die Konformitätserklärung für den zugekauften Verdichter in seine
Technische Dokumentation aufnehmen. Außerdem muss er in der Risikobeurteilung
für seine Maschine die Schnittstellen zum Druckgerät betrachten. Und er muss die
Benutzerinformationen zum zugekauften Verdichter (Warnhinweise,
Wartungsanweisungen) in seine Betriebsanleitung integrieren. Unterstützung beim
CE-Prozess, der Dokumentation und der Risikobeurteilung bieten unsere Experten
von der CE-CON.

Der zweite Fall ist deutlich komplexer. Denn hier ist der Hersteller der Maschine auch
vollumfänglich für das Druckgerät – also die einfache Pumpe – verantwortlich, das er
ja selbst konstruiert und baut.

Es gilt Artikel 3 der Maschinenrichtlinie:
„Werden die in Anhang I genannten, von einer Maschine ausgehenden
Gefährdungen ganz oder teilweise von anderen Gemeinschaftsrichtlinien genauer
erfasst, so gilt diese Richtlinie für diese Maschine und diese Gefährdungen nicht bzw.
ab dem Beginn der Anwendung dieser anderen Richtlinien nicht mehr.“

Die Druckgeräterichtlinie ist eine solche andere Richtlinie. Das ist auch im Leitfaden
zur MRL entsprechend vermerkt:
„In Übereinstimmung mit Artikel 3, ist die DGRL anwendbar auf die
Druckgefährdungen von Druckgeräten, die in ihren Anwendungsbereich fallen und
die in Maschinen eingebaut oder mit ihnen verbunden sind.“ (Leitfaden MRL § 91)

Aber im Zusammenspiel von MRL und DGRL gibt es eine wichtige Ausnahme:
Artikel 1 Abs. 2 f) DGRL: „Diese Richtlinie gilt nicht für: …
f) Geräte, die nach Artikel 13 dieser Richtlinie höchstens unter die Kategorie I fallen
würden und die von einer der folgenden Richtlinien erfasst werden:
i) Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates“
Das steht auch so im Leitfaden der MRL: „Druckgeräte, die nicht höher als in
Kategorie 1 eingestuft sind und in Maschinen eingebaut werden, die in den
Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie fallen, sind aus dem
Anwendungsbereich der DGRL ausgenommen. Die Maschinenrichtlinie gilt dann in
vollem Umfang für derartige Geräte.“

Und der Leitfaden zur Druckgeräterichtlinie ergänzt:
„In diesen Fällen sind die wesentlichen Sicherheitsanforderungen der DGRL ein
geeigneter Weg, um das geforderte Sicherheitsniveau in Bezug auf die
Druckgefährdungen zu erreichen.“

Wichtig: Das Konformitätsbewertungsverfahren richtet sich in diesen Fällen allein
nach der Maschinenrichtlinie. D.h. das in der Regel die interne Fertigungskontrolle
nach Modul A ausreichend ist und keine benannte Stelle eingeschaltet werden muss.
Auf der Konformitätserklärung wird auch nur die MRL angegeben und nicht die
DGRL.
Anders ist es im letzten Fall. Bei Druckgeräten (wie hier beispielsweise bei einem
selbstgebauten Verdichter) der Kategorie II oder höher greift die Ausnahme aus
Artikel 1 Abs. 2 f) nicht mehr. D.h. Druckgeräte mit einer höheren Kategorie als
Kategorie I fallen unter den Anwendungsbereich der DGRL, selbst wenn es sich bei
ihnen um eine Maschine i.S.d. Maschinenrichtlinie handelt oder wenn sie dafür
vorgesehen sind, Bestandteil einer Maschine zu werden.

Es gelten beide Richtlinien gleichzeitig. Der Hersteller muss auch die
Konformitätsbewertungsverfahren beider Vorschriften beachten. Das heißt im Falle
eines Druckgerätes der Kategorie III, dass eines der folgenden Module angewandt
werden muss:

- Modul B (Entwurfsmuster) + Modul D
- Modul B (Entwurfsmuster) + Modul F
- Modul B (Baumuster) + Modul E
- Modul B (Baumuster) + Modul C2
- Modul H

Alle diese Module sehen die Beteiligung einer benannten Stelle (z.B. TÜV NORD
Systems GmbH & Co. KG) vor. Auf der Konformitätserklärung werden in diesem Fall
auch beide CE-Vorschriften genannt.

Nützliche Software-Tools für die
Maschinenrichtlinie und die DGRL.

Für Hersteller, die Produkte planen, die unter die MRL oder die DGRL fallen, gibt es
nützliche Softwaretools, die bei der Risikobeurteilung oder einer optimalen
Auslegung von Druckgeräten für mehr Sicherheit und Verfügbarkeit helfen.
DIMy – Dimensionierungs-Software für Druckgeräte
Während es im Anlagen-, Apparate- und Rohrleitungsbau auf die wirtschaftliche
Herstellung der drucktragenden Systeme und ihrer Komponenten ankommt, sind für
die Betreiber dieser Anlagen neben den Investitionskosten auch die
Betriebssicherheit und Verfügbarkeit entscheidend. Darauf hat die Dimensionierung
und Ausführung der sicherheitsrelevanten Komponenten großen Einfluss. Die
optimale Auslegung nach den vielfältigen Sicherheits- und Berechnungsstandards
erfordert viel Zeit und Erfahrung.

DIMy ist ein leistungsstarkes grafikunterstütztes
Software-System des TÜV NORD, das Anlagenplaner, Konstrukteure und
Sachverständige bei der Berechnung, Optimierung und Prüfung von Komponenten
unterstützt und entlastet.
(https://www.tuev-nord.de/de/unternehmen/industrie/betreiber/dimy-dimensionierungs-software-fuer-druckgeraete-new/)

Software CE-CON Safety

Die cloudbasierte Software-Lösung zur effizienten und rechtskonformen
Risikobeurteilung. Seit 2008 macht CE-CON Safety die Risikobeurteilung und CE-
Kennzeichnung von Maschinen und vielen weiteren Produkten einfach! Die Software-
Lösung sorgt für sichere Produkte – und dafür, dass Hersteller das komplette CE-
Konformitätsbewertungsverfahren lückenlos durchführen und dokumentieren! Egal
ob sie Betriebsmittel bauen, Sondermaschinen konstruieren oder Ihre Serienprodukte
weltweit vertreiben.
https://www.ce-con.de/en/ce-con-safety-software/

 

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Themen: Risikobeurteilung, CE-Kennzeichnung / Konformitätserklärung, Richtlinien und Normen

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