Die USA sind für europäische Maschinenhersteller ein interessanter Absatzmarkt. Doch vor dem Import stellen sich einige Fragen zur Maschinensicherheit: Wie ist sie in den USA geregelt? Welche Anforderungen müssen erfüllt sein? Wer nimmt die Maschine ab?
Im ersten Teil unserer Blog-Reihe zur Maschinensicherheit in den USA wenden wir uns den Regularien und Behörden zu.
CE-Kennzeichen für den Import von Maschinen in die USA
Das CE-Kennzeichen ist vorhanden und schon kann eine Maschine in die USA importiert werden? So leicht ist es leider nicht. Zwar ist das CE-Kennzeichen eine gute Grundlage, jedoch wird dieses in den USA nicht um die Maschinensicherheit auch in den USA erfüllen zu können. Es allein reicht aber nicht, da es nur innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), sowie den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) anerkannt ist.
EU und USA handhaben Maschinensicherheit unterschiedlich: Während Richtlinien und Normen der EU stark auf die elektrische Sicherheit fokussieren, sind in den USA die Anforderungen an den Brandschutz ungleich höher und komplexer. Hinzu kommen technisch bedingte Unterschiede: In Nordamerika gibt es zum Beispiel unterschiedliche Stromkreisarten und auch die Symbole sind nicht die gleichen. Davon abgesehen kann eine Maschine natürlich auch so gebaut werden, dass sie den Gesetzen und Anforderungen der EU und der USA entspricht.
Die Konformitätserklärung reicht nicht
Eine Konformitätserklärung seitens des Herstellers ist in den USA nicht vorgesehen. Stattdessen wird die Maschinensicherheit von Produktstandards, Brandschutzvorschriften, elektrischen Codes und nationalen Gesetzen geregelt, ein Konglomerat aus Normen, Richtlinien und Vorschriften. Die Einhaltung der Regularien wird von Bundes-, Landes- und /oder Kommunalbehörden überprüft: Vor der Inbetriebnahme inspiziert eine lokale Behörde, Authorities Having Jurisdiction (AHJ), die Maschine und gibt sie frei.
Folgende Organisation regeln die Maschinensicherheit in den USA:
· Occupational Safety & Health Administration (OSHA)
· American National Standards Institute (ANSI)
· Underwriters Laboratories (UL)
· National Fire Protection Association (NFPA)
Occupational Safety & Health Administration (OSHA) für den Arbeitsschutz
Die OSHA ist eine Agentur des US-Arbeitsministeriums. Ihr Arbeitsschutzgesetz (OSHA Act) verpflichtet Arbeitgeber dazu, einen sicheren Arbeitsplatz zu gewährleisten; seine Generalklausel bestimmt, dass am Arbeitsplatz keine gravierenden Gefahren auftreten dürfen. Dafür legt die OSHA Normen fest, die eingehalten werden müssen: Die Richtlinien für die Arbeitssicherheit definiert zum Beispiel der Occupational Safety and Health Standard OSHA 29 CFR1910. Er ist damit auch Teil des Standards für Maschinen in den USA.
OSHA-Vorschriften sind mit europäischen Richtlinien vergleichbar, allerdings gehen sie mehr ins Detail, und formulieren konkrete, spezifische und vorgeschriebene technische Anforderungen, wie Normen, während europäische Richtlinien in der Regel abstrakter formuliert sind. Ein weiterer Unterschied besteht im Adressaten: EU-Richtlinien sind in erster Linie für Hersteller von Maschinen gedacht, OSHA-Normen richten sich an alle Beteiligten: Hersteller, Erbauer, Betreiber und somit auch die Arbeitgeber bzw. das Management.
In den meisten US-Staaten regeln die OSHA-Vorschriften Arbeitssicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Es gibt aber auch Bundesstaaten, die eigene Normen erlassen – teilweise auch zu Gefährdungen, die von den OSHA Standards nicht abgedeckt werden. Die OSHA schreibt ebenfalls vor, dass, sollten Staaten eigene Standards definieren, diese mindestens so effektiv wie die national gültigen Normen sein müssen.
American National Standards Institute (ANSI) für freiwillige Industriestandards
Zu den verpflichtenden OSHA-Vorschriftenkommen Arbeitssicherheits-Standards hinzu, die mit freiwilligen Industriestandards vergleichbar sind. Diese werden vom American National Standards Institute (ANSI) formuliert und koordiniert, einer privaten Organisation. ANSI-Normen können allerdings verpflichtend sein, wenn sie Teil eines Vertrags sind. Oft basiert eine verpflichtende OSHA-Norm auf einer alten ANSI-Norm.
Underwriters Laboratories (UL) – Normen für elektrische Komponenten
Underwriters Laboratories ist eine private Organisation, die Sicherheitsnormen für elektrische Geräte und Komponenten herausgibt – ihr Fokus liegt auf der Abwehr von Bränden und Stromschlägen. Eine typische UL-Norm ist die UL 508A für industrielle Steuerschränke. Hier ist der Knackpunkt, dass sich UL-Normen stark von internationalen IEC-Normen (International Electrotechnical Commission) und europäischen EN-Normen unterscheiden können. Teilweise sind sie sogar widersprüchlich. Manche UL-Normen gibt es auch als ANSI-Normen, da sie bei der ANSI eingereicht wurden.
National Fire Protection Association (NFPA) - Brandschutz und NEC
Die National Fire Protection Association ist eine gemeinnützige Organisation, die den National Electrical Code (NEC) als ANSI/NFPA 70 herausgibt. Der NEC definiert die Standards für die sichere Installation elektrischer Leitungen, um Brände und elektrische Unfälle zu verhindern. Der ANSI/NFPA 79 Standard, ebenfalls von der NFPA veröffentlicht, ist der elektrische Standard für industrielle Maschinen und ist mit der EN/IEC 60204-1 Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstungen von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen vergleichbar. Zwar ist seine Einhaltung eigentlich freiwillig, manche Bundesstaaten und Behörden fordern ihn aber ein.
Nationally Recognized Testing Laboratories (NTRL) – die akkreditierten Prüflabore
Staatlich anerkannte Prüflabore, die Nationally Recognized Testing Laboratories (NRTL), stellen Zertifizierungen für die Einhaltung von OSHA,- ANSI,- und UL-Anforderungen und Normen aus. Die OSHA veröffentlicht Listen mit jenen Prüfstellen, die akkreditiert sind – dazu zählen auch deutsche Organisationen wie dem TÜV Rheinland oder TÜV SÜD.
Eine Maschine gilt zum Beispiel nur dann als sicher, wenn ihr ein NRTL ein Prüfzeichen ausstellt. Auch UL-Anforderungen werden überprüft; ein Prüfzeichen bestätigt die Einhaltung von UL-Normen. Die OSHA fordert dies sogar für fast alle elektrischen Geräte und Kabel an Arbeitsplätzen. UL-Zertifizierungen sind zudem für die lokale Abnahme von Maschinen von Bedeutung: Inspektoren orientieren sich an ihnen im Bereich der Elektrotechnik, Maschinen ohne Prüfzeichen werden in der Regel nicht abgenommen.
Maschinensicherheit: So greifen die Regelungen der US-Behörden ineinander
Die OSHA reguliert den Produktionsstandort und/oder die Fabrikhalle, ANSI unterstützt bei Treppen, Plattformen und Strukturen. UL sind für Komponenten, Motorsteuerungen, Förderbänder oder Formpressmaschinen zuständig. UL formuliert auch die Norm für die Feuerbeständigkeit von Materialien wie Dachziegeln und Isolationsarten. Der National Electrical Code wiederum regelt die elektrische Sicherheit der Installation und Verkabelung der Komponenten.
Beispiel: An einem Förderband werden die Steckverbinder, die Kabel für die Steuerung, die Stromversorgung und die Benutzeroberfläche mit Touchscreen durch eine UL-Norm geregelt. Die Konstruktion muss auch den OSHA/ANSI-Normen entsprechen. Die ANSI-Vorschriften werden auch bei der Montage durch das Bedienpersonal angewendet. OSHA schreibt auch ANSI-Sicherheitsmaßnahmen wie Treppen, Geländer und Fallschutzsysteme vor.